Im Gespräch mit Professor Dr. Oliver Scherf-Clavel
Seit Oktober 2023 hat die Ludwig-Maximilians-Universität in München erstmals einen Professor für Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie. Wir durften Professor Dr. Scherf-Clavel mit zahlreichen Fragen löchern. Zudem hatte er viel Wissenswertes über das Studium, die Promotion und die Professur zu erzählen.

Begonnen hat der Weg von Prof. Dr. Oliver Scherf-Clavel, München, bereits in der Oberstufe. Sein Interesse an der Chemie gepaart mit dem medizinischen Kontext und der Arbeit mit Menschen, führte ihn zur Ausbildung zum pharmazeutisch-technischen Assistenten, gefolgt vom Pharmaziestudium in Mainz. Durch eine Lerngruppe (siehe Tipp der Redaktion) entdeckte er seine Begabung für das Vermitteln seines Wissen an andere und von da an zog es ihn in die Richtung der Akademie. Auf die Approbation zum Apotheker im Jahr 2012 folgte die Promotion in der pharmazeutischen Analytik an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg, denn die Approbation reichte ihm nicht, sagte Scherf-Clavel. In dieser Zeit betreute er mit viel Freude die Studierenden im Praktikum.
„Das hat mich noch mal darin bestärkt, dass es mir sehr viel Spaßmacht und auch sehr viel zurückgibt, Leuten etwas beizubringen.“ – Prof. Dr. Scherf-Clavel
Zwar gab es für ihn nicht diesen einen Schlüsselmoment, aber seit seiner Promotion verfolgte er den Weg hin zur Professur deutlich aktiver. Um andere Perspektiven kennenzulernen, verbrachte Scherf-Clavel während der Promotion einen Auslandsaufenthalt in der Forschung beim Europäischen Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM) in Straßburg. Gerne erinnert er sich an die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus jeglichen europäischen Ländern.
Für die Postdoc-Phase wählte Scherf-Clavel bewusst eine andere Richtung. „Schon während der Promotion sollte man versuchen, mit jedem Schritt, den man geht, auch etwas Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln“, meinte der Professor. Aus diesem Grund beschäftigte sich Scherf-Clavel in der bioanalytischen Forschung schwerpunktmäßig mit dem therapeutischen Drug Monitoring am Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg-Heroldsberg. Die Lernkurve in diesem kurzen Kapitel beschreibt er selbst als sehr steil. Durch einen glücklichen Zufall war zeitgleich mit dem Promotionsende an der JMU in Würzburg eine Stelle zur Juniorprofessur ausgeschrieben, die er auch bekam – an dieser Stelle betonte er aber auch, dass sein Weg nicht zu Ende gewesen wäre, wenn es in Würzburg nicht funktioniert hätte. Seit Oktober 2023 stellt Scherf-Clavel nun sein Können als Professor für Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München unter Beweis.

Im Alltag eines Professors
Als Studierender sieht man den Professor in den Vorlesungen, und ansonsten wird er wohl Forschung betreiben … oder? Jein! Natürlich sind das sehr wichtige Bestandteile seines Berufs. Daneben fallen jede Menge Aufgaben an, die ein Außenstehender nicht bemerkt. Per se unterscheiden sich die Aufgaben zwar gar nicht so sehr von denen eines Juniorprofessors, mehr Verantwortung hat man dennoch, ebenso wie ein bisschen mehr Spielraum. Die Lehrinhalte sind durch die Approbationsordnung vorgegeben; wie diese vermittelt werden, liegt jedoch in der Hand des Professors, wodurch man in diesem Beruf eine „unglaubliche Freiheit“ hat. Diese weiß Scherf-Clavel besonders zu schätzen, da er so die Möglichkeit bekommt, die Klinische Pharmazie als Disziplin weiterzuentwickeln. Zusammen mit seinen Doktorandinnen und Doktoranden und weiteren Mitarbeitenden steckt er viel Engagement in den Aufbau des Lehrstuhls. Neue Konzepte entwickelt Scherf-Clavel in Zusammenarbeit mit seinem Team und Studierendenvertretern aus der Fachschaft Pharmazie. Eine gute Lehre ist dem Professor wichtig, da ihm seine Verantwortung bewusst ist. Nicht nur hat er Einfluss auf die Studierenden, sondern auch auf die Patienten, deren Versorgung durch eine gute Ausbildung seiner Schützlinge verbessert werden kann.
„Mein Antrieb ist im Grunde genommen die Gewissheit, dass ich mit meiner Arbeit ein Stück weit was verändern kann. Denn wenn ich es schaffe, den Studierenden Dinge beizubringen, dann hat das nicht nur Einfluss auf das Berufsleben von den Studierenden, sondern auch auf die Patienten.“ – Prof. Dr. Scherf-Clavel
Damit die Lehre funktioniert, fallen einem Professor aber auch viele organisatorische und administrative Aufgaben zu, die durchaus Zeit in Anspruch nehmen. Die Planung des Semesters inklusive des Abstimmens von Vorlesungen und Seminaren sowie die Reservierung der Veranstaltungsräume sind ebenso wichtig wie die Koordination der Korrekturen. Nicht zu vergessen: Die Klinische Pharmazie ist ständig in Bewegung. Durch immer neue Erkenntnisse und die fortlaufende Überarbeitung von Leitlinien ändert sich auch der Lehrinhalt permanent. Des damit verbundenen Aufwands sollte man sich bei der Berufswahl bewusst sein.
Wieso, weshalb, warum?
Fehler gehören zum Leben, und auch ein Professor war einmal ein Student, der nicht alles auf Anhieb richtig gemacht hat. Das gehört zum Studium dazu, denn so entwickelt man sich weiter.
„Wenn ich sagen würde, ich würde mit meinen heutigen Kenntnissen und dem Wissen alles noch mal genauso machen wie vorher, dann habe ich nichts gelernt.“ – Prof. Dr. Scherf-Clavel
Und dennoch gibt es einen Fehler, den man laut Scherf- Clavel vermeiden sollte: nicht über die Dinge zu sprechen, über die man sprechen sollte. Ob im Studium oder während der Promotion Probleme zu kommunizieren ist wichtig, sei es ein persönliches Anliegen, fachliche Unklarheiten oder einfach das Fehlen von Unterlagen. „Wenn ich davon ausgehe, dass alles verstanden wurde, dann führt das natürlich zu Frustration, wenn ich sehe, der Arbeitsauftrag wurde nicht so ausgeführt, wie ich das eigentlich vorgesehen hatte. Aber ich weiß einfach nicht, dass vielleicht irgendetwas Essenzielles gefehlt hat, und das führt dann auf beiden Seiten zu Reibereien“, erklärte Scherf-Clavel. Folgen wir also dieser Empfehlung und stellen unsere Fragen, denn dafür ist das Studium da.
Ist das vielleicht auch was für mich?
Die Grundvoraussetzung für eine Professur ist die Promotion. Danach gibt es neben der Habilitation, dem klassischen Weg hin zur Hochschullehre, auch andere Optionen. Die Juniorprofessur beispielsweise ermöglicht dem wissenschaftlichen Nachwuchs, unabhängig zu forschen und zu lehren, und kann ein Sprungbrett in die reguläre Professur bedeuten. Ist die Juniorprofessur auf sechs Jahre angelegt, so findet nach drei Jahren eine sogenannte Zwischenevaluation statt. Dabei werden Kriterien wie die Publikationsleistung, Drittmittel oder das Einbringen in die akademische Selbstverwaltung geprüft. „Das baut natürlich ein bisschen Druck auf. Für manche Personen ist der vielleicht förderlich, für andere ist er vielleicht eher stressig“, sagte Scherf-Clavel, denn diese Zwischenziele müssen erreicht werden. Außerdem zählen auch die Verantwortung für Doktorandinnen und Doktoranden, die Betreuung bei ihren Projekten und Personalführung zu den Aufgaben.
Eine gewisse Zielstrebigkeit in Kombination mit der Freude am Vermitteln von Wissen (und einer gewissen Begabung dafür) ist wichtig für den Karriereweg. Daneben sind viel Selbstdisziplin – Scherf-Clavel betonte, dass man durch den Wegfall einer Kontrollebene lernen muss, mit dem Ausmaß an Freiheit umzugehen – und ein selbstbewusstes Auftreten sowohl in Bewerbungsrunden als auch in Vorlesungen hilfreich. Wen der Karriereweg der Professur anspricht, dem stehen verschiedene interessante Wege dorthin offen. Als Tipp für die frühe Karrierephase nannte Scherf-Clavel Mentoring-Programme, denn um den Karriereplan zu realisieren, sind Ratschläge und die Unterstützung von erfahrenen Forschenden ungemein hilfreich.
Zum Abschluss gab Scherf-Clavel eine allgemeine Botschaft mit auf den Weg: „Ich glaube, die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten neigen ein bisschen dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen […]. Seien Sie sich dessen bewusst, was Sie können, was Sie gelernt haben. Sie haben ein exzellentes Studium durchlaufen […] und Sie sind hervorragend darauf vorbereitet, auch gegenüber anderen Gesundheitsberufen selbstbewusst aufzutreten. Machen Sie das auch!“
Tipp der Redaktion: Lerngruppe Lerngruppen können dabei helfen, das Gelernte zu festigen. Durch den mündlichen Austausch mit Kommilitonen lernt man, sein Wissen auch konkret zu formulieren. Gerade in einem von mündlichen Prüfungen durchzogenen Studium wie Pharmazie ist diese Fähigkeit wichtig. |