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Von der Ausgabe bis zur Stationsarbeit

Welche Aufgabenfelder es in der Krankenhausapotheke gibt

Auch wenn sie für die Patient*innen deutlich weniger sichtbar sind als öffentliche Apotheken: Krankenhausapotheken stellen die Versorgung der zugehörigen Klinik(en) mit Arzneimitteln sicher und beraten mit pharmazeutischem Fachwissen. Die Aufgaben der Apotheker*innen sind vielfältig und unterscheiden sich je nach Bereich und Spektrum der Krankenhausapotheke. So kann dazugehören, die Stationen mit Arzneimitteln zu beliefern, patientenindividuelle „klassische“ Rezepturen und Defekturen sowie sterile Zubereitungen herzustellen, die Arzneimittel patientenindividuell zu verblistern, Anfragen zu bearbeiten, andere Berufsgruppen im Krankenhaus zu begleiten oder an klinischen Studien mitzuwirken. Je nach Krankenhausapotheke kann variieren, ob man fest in einem Bereich arbeitet oder zwischen verschiedenen Bereichen wechselt.

Logistik/Arzneimittelausgabe

In dieser Abteilung gehen die Anforderungen der Stationen elektronisch über das Warenwirtschaftssystem der Apotheke ein, werden von Apotheker*innen und/oder PTA geprüft und zur Kommissionierung aus dem Apothekenlager freigegeben. Diese erfolgt händisch oder mit (halb-)automatisierter Unterstützung durch z. B. spezielle Transportbänder oder Automaten. Das Sortiment von Krankenhausapotheken ist gegenüber öffentlichen Apotheken begrenzt – die sogenannte Hausliste legt fest, welche Wirkstoffe vorrätig sind. Sie wird in Absprache mit den versorgten Kliniken erstellt und angepasst. Jeder Wirkstoff ist in der Regel nur von einer Firma vorrätig, da Rabattverträge für stationäre Patienten nicht gelten. In manchen Häusern ist die Apotheke außerdem für Laborbedarf und nicht apothekenpflichtige Medizinprodukte zuständig. Falls ein nicht gelisteter Wirkstoff benötigt wird, prüft die Logistik-Abteilung, ob ein Austausch gegen einen Hauslistenartikel möglich ist und ob dabei ggf. Anpassungen erforderlich sind. Für Betäubungsmittel und Sonderbestellungen oder besondere Präparate, die z. B. hochpreisig sind oder deren Verbrauch dokumentiert werden muss, gelten spezielle Anforderungswege. In der Apothekenbetriebsordnung ist vorgeschrieben, wie groß der Vorrat an Arzneimitteln in der Krankenhausapotheke sein muss – in der Regel ein Bedarf für zwei Wochen, für bestimmte Arzneimittelgruppen wie parenterale Antibiotika für die Intensivmedizin aber auch mehr.

Neben der Belieferung sind Aufgaben dieses Bereichs die Pflege des Warenwirtschaftssystems, z. B. das Einfügen neuer Artikel, die Bearbeitung von Lieferengpässen mit der Suche nach Alternativen und entsprechender Information an die Stationen und im Allgemeinen die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung.

Herstellung

Krankenhausapotheken stellen auf ärztliche Anforderung patientenindividuelle Rezepturen her. Oft sind auch Defekturen im Sortiment, sowohl „klassische“ (z. B. Kapseln oder flüssige Zubereitungen für die Pädiatrie) als auch sterile wie Augentropfen, Infusionslösungen oder Schmerzpumpen. Diese werden aseptisch hergestellt (z. B. im Reinraum unter einer Werkbank, die einen Eintrag von Partikeln oder Keimen ausschließt) und je nach Stabilität zusätzlich nach der Herstellung (z. B. durch Hitze) sterilisiert. Durch die Defekturherstellung können Stärken und Produkte vorrätig gehalten werden, die als Fertigarzneimittel nicht verfügbar sind, preisgünstigere Varianten zu Fertigarzneimitteln angeboten werden oder Lieferengpässe überbrückt werden.

Ein oft großer Bereich ist die Herstellung von Zytostatika- Infusionen und -Injektionen. Diese erfolgt wegen des toxischen Potenzials in nur dafür vorgesehenen Reinräumen unter speziellen Werkbänken. Viele Krankenhausapotheken stellen zudem parenterale Ernährungslösungen her (totale parenterale Ernährung, TPN), defekturmäßig als Standardlösung und/oder rezepturmäßig auf patientenindividuelle Anforderung. Häufig erfolgt dies speziell für Neu- und Frühgeborenen-Stationen.

Ein Spezialfall ist die Beteiligung an klinischen Studien. Dies geht häufig mit Herstellungstätigkeiten einher – beispielsweise, wenn die Studienmedikation eine Zubereitung ist, unter Umständen aber auch, um sicherzustellen, dass die Studienware und das Placebo nicht voneinander unterscheidbar sind.

Apotheker*innen in der Herstellungsabteilung prüfen die Anforderungen und geben die Herstellungen und
notwendige Analytik von Ausgangsstoffen und Defekturen frei. Sie setzen sich mit den Substanzen, notwendigen
Sicherheitsvorkehrungen, Stabilitäts- und Kompatibilitätsdaten auseinander, sodass einwandfreie Eigenherstellungen entstehen.

Stationsarbeit

Ein wachsender Aufgabenbereich im Krankenhaus ist die Arbeit auf Station in direktem Kontakt mit der Pflege und dem ärztlichen Personal. Als erstes Bundesland hat Niedersachsen 2022 den Einsatz von Stationsapothekern gesetzlich vorgeschrieben. Grundlage für Stationsarbeit ist die Möglichkeit, Einsicht in die Krankengeschichte und die Verordnungsdaten der einzelnen Patient*innen nehmen zu können, in der Regel über elektronische Verordnungssysteme. Die Prüfung von Verordnungen (auf z. B. notwendige Dosisanpassungen, Wechselwirkungen, Kontraindikationen, Doppelverordnungen) und Beratung der Ärzt*innen können aus der Apotheke erfolgen und/oder im Rahmen der Begleitung von Visiten. Meist sind die Apotheker*innen, die in diesem Bereich arbeiten, bestimmten Stationen oder Fachbereichen fest zugeordnet, sodass sie das Stationspersonal und die Patient*innen kontinuierlich begleiten können. In Antibiotic Stewardship(ABS)-Teams arbeiten Infektiolog*innen, Mikrobiolog*innen und/oder Hygieniker*innen oft mit Apotheker*innen zusammen, um die Verordnung von Antibiotika zu begleiten und zu Substanzauswahl, Dosierung und Therapiedauer zu beraten. In manchen Häusern erfolgt auch die Patientenaufnahme durch Apotheker*innen oder PTA, um die Übernahme der Hausmedikation in die stationäre Medikation zu erleichtern.

Die Mitarbeit der Apotheker*innen bei den Verordnungen kann außerdem in der patientenindividuellen, meist maschinellen Verblisterung von Arzneimitteln resultieren. Dabei werden pro Patient und Einnahmezeitpunkt die verordneten Tabletten und Kapseln neu verpackt. Es entsteht ein geschlossener Kreislauf aus Verordnung, Prüfung, Stellen der Arzneimittel in der Apotheke und Verabreichung auf Station, der die Sicherheit zusätzlich erhöht (s. Artikel „Validieren, produzieren, kontrollieren: Wie in Krankenhausapotheken verblistert wird“ von Susanne Pfeiffer, UniDAZ Nr. 2/2024, S. 23).

Arzneimittelinformation

Für andere Berufsgruppen stellt die Apotheke pharmazeutisches Fachwissen zur Verfügung. Es kann sich um Anfragen von Pflegekräften, Ärzt*innen oder weiteren Berufsgruppen wie z. B. der Hygieneabteilung handeln, die durch Apotheker*innen beantwortet werden. Dazu stehen Datenbanken und Literaturquellen zur Verfügung, mit deren Hilfe Recherchen durchgeführt werden, um die Anfrage verlässlich zu beantworten. Wichtig ist, wie auch in jedem anderen Bereich, eine gute Dokumentation, um ähnliche Anfragen zeitsparend bearbeiten zu können.

Auch unabhängig von Anfragen können gebündelte Informationen für das Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden, z. B. in Form von Äquivalenzdosistabellen innerhalb bestimmter Wirkstoffgruppen, Listen zur Sondengängigkeit oder zur Rekonstitution von Infusionen, die über das Intranet, Kitteltaschenkarten oder Ähnliches angeboten werden.

Die Aufgabenfelder in der Krankenhausapotheke sind also sehr vielfältig, und je nach eigenen Interessen und Umfang in der jeweiligen Apotheke können Spezialisierungen möglich sein, auch durch Weiterbildung und den Erwerb von Fachapotheker-Titeln. Grundsätzlich ist zudem eine gute Organisation der einzelnen Bereiche wichtig und eine gute Kommunikation und Absprache zwischen den Bereichen. Dazu dient, wie in jedem (Apotheken-) Betrieb, ein gutes Qualitätsmanagement-System, um eine gleichbleibende Qualität aller Arbeitsschritte sicherzustellen.

Susanne Pfeiffer

hat Pharmazie in Düsseldorf studiert und arbeitet in der Apotheke des Evangelischen Krankenhauses Witten, die sich seit 2023 auf dem Gesundheitscampus Castrop-Rauxel befindet. Von dort wird, neben der klas­sischen Belieferung, für vier Häuser mit insgesamt über 1000 Betten verblistert.