An der Universität Freiburg gibt es seit 2018 die Spezialisierungsmöglichkeit Regulatory Affairs & Drug Development, die sich auf regulatorische Angelegenheiten und Arzneimittelentwicklung fokussiert. Sie ist eingebettet in den Masterstudiengang „Pharmazeutische Wissenschaften“. Studierende haben die Möglichkeit, viele Einblicke in das Arbeitsfeld rund um die Arzneimittelentwicklung und die damit einhergehenden Regularien zu erlangen und Kontakte zu knüpfen. Die UniDAZ sprach mit Apothekerin Dr. Anna Resch und Apothekerin Dr. Anja Langeneckert, die maßgeblich am Aufbau und der Weiterentwicklung des Masterprofils beteiligt sind.
UniDAZ: An wen richtet sich der Studiengang?
Resch: Der Masterstudiengang „Pharmazeutische Wissenschaften“ richtet sich an Absolventen des gleichnamigen Bachelorstudiengangs oder anderer vergleichbarer Abschlüsse. Diese absolvieren zunächst eine zweisemestrige Einführungsphase, anschließend können sie die Profillinie „Regulatory Affairs & Drug Development“ wählen. Pharmaziestudentinnen und -studenten mit abgeschlossenem zweiten Staatsexamen können sich direkt bewerben und die Einführungsphase somit überspringen. Die Studierenden belegen dann im dritten Fachsemester Module zu den Grundlagen (s. Kasten „Welche Lehrinhalte werden vermittelt?“) und schreiben anschließend ihre Masterarbeit an der Universität oder auch in einem Unternehmen. Diese sechs Monate, die man z. B. in einem Unternehmen verbringt, könnte man sich nach Rücksprache sogar im Rahmen des praktischen Jahres anrechnen lassen. Währenddessen bzw. anschließend muss dann noch die Masterarbeit geschrieben werden.
Langeneckert: Die Profillinie ist für Pharmaziestudierende eine super Gelegenheit, mit relativ wenig Zeitaufwand eine zusätzliche Qualifikation zu erlangen. Natürlich müssen auch Prüfungen abgelegt werden, aber es ist eine einmalige Chance, mit so vielen verschiedenen Vertretern aus Universität, Industrie und auch Behörden zusammenzukommen und Einblicke in Bereiche zu erhalten, von denen man üblicherweise vorher noch nicht viel gehört hat. Außerdem richtet sich die Profillinie auch an international Studierende. Beispielsweise hat gerade eine Pharmazeutin aus der Ukraine bei uns ihren Master abgeschlossen, die in der Ukraine ihr Staatsexamen abgelegt hat.
UniDAZ: Wie entstand die Idee zur Spezialisierung „Regulatory Affairs & Drug Development“?
Resch: Das klassische Pharmaziestudium ging bisher kaum auf die Themen regulatorische Angelegenheiten und Arzneimittelentwicklung ein. Prof. Dr. Andreas Bechthold, Dekan der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität Freiburg, und verschiedene Vertreter der Uni Freiburg sowie aus der Industrie, darunter Prof. Dr. Hagen Pfundner, Roche Deutschland, haben sich deshalb zusammengetan und einen Studiengang aufgebaut, der die Möglichkeit bietet, sich in diesen Feldern zu spezialisieren und viel Input von externen Fachleuten zu erhalten. Diese Profillinie soll Studierenden die Möglichkeit geben, sich vielseitig über die Arbeitsfelder dieser Themen zu informieren. Ich bin beispielsweise in meinem Praktischen Jahr eher zufällig in der klinischen Forschung gelandet. Das hat zwar am Ende gut zu mir gepasst, aber ich hätte mir damals mehr Optionen gewünscht, mich im Vorfeld zu informieren und eine bewusstere Entscheidung zu treffen.
UniDAZ: Welche Möglichkeiten bietet die Ausrichtung Studierenden, sich zu vernetzen?
Resch: Das Besondere an Profillinie ist, dass die Lehre sehr interdisziplinär aufgebaut ist. Neben Hochschulprofessoren aus verschiedenen Fakultäten unterrichten viele Vertreterinnen und Vertreter aus der Industrie und von Behörden. Die Profillinie ist stark mit dem Verein „Academia meets Industry“ vernetzt, der 2017 gegründet wurde und auch maßgeblich am Aufbau und der kontinuierlichen Gestaltung dieses Studiengangs beteiligt ist. Viele Vereinsmitglieder sind Vertreter von mittelständischen und großen pharmazeutischen Unternehmen in Baden-Württemberg, und einige von ihnen halten Vorlesungen und Seminare. Das Ziel des Vereins ist es, die Studierenden mit Vertreterinnen und Vertretern aus Industrie und Behörden zusammenzubringen, ihnen den Einstieg ins spätere Berufsleben zu erleichtern und Netzwerke auszubilden. Innerhalb des Netzwerkes gibt es auch Stipendien für Studierende, die neben einer finanziellen Hilfe vor allem auch ein Coaching bieten. Dabei stehen die Stipendiaten ein Jahr lang im regelmäßigen Austausch mit ihren Mentorinnen und Mentoren, die z. B. in der pharmazeutischen Industrie tätig sind. Sie teilen ihre Erfahrungen und beraten die Stipendiaten, in welche Richtung ihr Weg gehen könnte, und können durchaus auch beim Knüpfen von weiteren Kontakten helfen.
UniDAZ: Worauf soll der Studiengang die Absolventen vorbereiten?
Langeneckert: Als ich mit dem Pharmaziestudium fertig war, wusste ich lange nicht, dass es auch Jobs für Pharmazeuten in dem Bereich „Regulatory Affairs“ gibt. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich wahrscheinlich gedacht, dass man in der Zulassung, in der ich letztendlich über zwanzig Jahre gearbeitet habe, „nur Papiere von rechts nach links schiebt“. Aber so ist es nicht. Man ist quasi die Interaktionsstelle zwischen Behörde und Industrie. Es gibt enorm viele Stellschrauben in der Arzneimittelentwicklung und so viele verschiedene Funktionen, da ist für fast jeden etwas Passendes dabei. Das soll vermittelt werden.
Resch: Auch über die Zulassung hinaus gibt es noch viele andere Felder, die beleuchtet werden. Generell soll die Spezialisierung auf Regulatory Affairs & Drug Development einen breiten Überblick ermöglichen und auf das Arbeiten in der Industrie, aber auch beispielsweise bei Behörden, z. B. bei der EMA, vorbereiten.
UniDAZ: Ist der Studiengang auch als Überleitung zu einer Promotion gedacht?
Resch: Wir sind aktuell im Begriff, eine Nachwuchsgruppe aufzubauen, die sich mit der sogenannten Regulatory Science beschäftigt. In diesem Zusammenhang werden wir die notwendigen Strukturen schaffen, um zukünftig auch Promotionen in diesem Gebiet ermöglichen zu können. In der Masterarbeit lernen die Studierenden, eigenständig wissenschaftlich zu arbeiten. Das ist eine sehr gute Vorbereitung für Promotionen im Allgemeinen und geschieht im Rahmen der Profillinie teilweise schon direkt in der Industrie. Dieses Modell wäre prinzipiell auch für Promotionen denkbar.
UniDAZ: Wie ist das Feedback der Studierenden?
Langeneckert: Das Feedback ist durchgehend sehr positiv. Viele der Studierenden sagen, dass sie sich gut auf den Arbeitsmarkt vorbereitet fühlen, auch weil es in dieser Form keine vergleichbare Ausbildung zu den Themen an den Universitäten gibt. Die Zahl der Studierenden ist so kalkuliert, dass intensiv auf die Studierenden eingegangen werden kann, was ich als langjährige Dozentin als großen Vorteil erlebe.
Resch: Besonders ist vor allem, dass es diesen Studiengang bzw. die Profillinie in dieser Form nur ein Mal in Deutschland gibt. Die Ausrichtung Regulatory Affairs ist an deutschen Universitäten noch nicht sehr verbreitet, vor allem nicht als Teil eines regulären Masterstudiengangs Pharmazie. In dieser Profillinie werden außerdem nicht nur theoretische Inhalte vermittelt, sondern auch gleich der Einstieg in die Karriere erleichtert. Das geschieht im Austausch mit den externen Lehrenden und Mentorinnen und Mentoren und wird nicht zuletzt durch das Netzwerk des Vereins unterstützt.
UniDAZ: Vielen Dank für das Gespräch!
Welche Lehrinhalte werden vermittelt? „Regulatory Affairs & Drug Development“ umfasst folgende Module: In „Klinische Entwicklung und wissenschaftliche Grundlagen der Zulassung“ werden Prozesse der Arzneimittelentwicklung, Grundlagen klinischer Studien und Anforderungen bei der Zulassung von Arzneimitteln und Medizinprodukten beleuchtet. In „Ethik und Nachhaltigkeit“ werden die Grundlagen ethischer Argumentation und der Umgang mit Problemen der modernen Forschung gelehrt. In „Patentrecht und Produktstrategie“ werden die juristischen Grundlagen des Patentrechts vermittelt. Es stehen relevante Businessaspekte der Entwicklung und Vermarktung von Arzneimitteln im Mittelpunkt. In „Quality“ wird das Grundwissen über pharmazeutische Qualitätsvoraussetzungen gelehrt. Den Umgang mit Medien und Presse erlernt man im Modul „Medien und Kommunikation“, in dem auch Präsentationsfertigkeiten und Literaturrecherche gelehrt werden. Nach dem Abschluss der Lehrveranstaltungen erarbeiten die Studierenden im vierten Fachsemester schließlich ihre Masterarbeit. Wer mehr zum Masterstudiengang „Pharmazeutische Wissenschaften“ und der Profillinie „Regulatory Affairs & Drug Development“ wissen möchte, kann sich auf der Webseite der Universität Freiburg informieren. |