Ein Interview mit Kathi Moldan
Kathi Moldan (Master of Education in Biologie, Chemie und Psychologie) hat sich 2021 als Lerncoachin selbstständig gemacht. In ihrem Blog gibt sie seit 2022 Studierenden regelmäßig Tipps zum Thema Lernen, Zeitmanagement und Mindset, welche sie auch seit 2024 in ihrem Podcast „Study and Grow – Dein Podcast für ein erfolgreiches und glückliches Studium“ ihren Zuhörer*innen näherbringt.

UniDAZ: Hallo Kathi, wie erging es dir in deinem ersten Studium? Wie waren deine ersten Erfahrungen?
Kathi Moldan: Ich fand es besonders am Anfang des Studiums im Bachelor extrem stressig, weil man aus der Schule kommt, in der viel vorgegeben wird. Wenn man dann an der Uni loslegt, ist vieles erst mal anders. Was Pharmaziestudierende mit Sicherheit ebenso kennen, sind die Laborpraktika. Gerade die haben mich sehr gestresst, weil wir in diesen von Woche zu Woche in Kolloquien geprüft wurden. Das unter einen Hut zu bringen – sich für die Kolloquien und die Praktika vorzubereiten, Protokolle zu schreiben, Mathe-Übungsblätter zu lösen und parallel mitzulernen, weil ich am Ende des Semesters wieder Prüfungen hatte – hat mich sehr gestresst, unter Druck gesetzt und am Anfang auch überfordert. Zu Beginn fand ich das Studium nur schrecklich.
UniDAZ: Vermutlich werden sich viele, die bereits Pharmazie studieren, in deiner Schilderung wiederfinden können. Aus deinen Erfahrungen heraus, die du selbst als Studierende und später als Lerncoachin gemacht hast – was sind deiner Meinung nach die drei wichtigsten Faktoren, um einen erfolgreichen Weg an der Uni hinsichtlich des Lernens einzuschlagen?
Kathi Moldan: Zunächst kann es hilfreich sein, einen Schritt zurückzumachen, um von außen auf die Situation zu schauen und diese mit einem klaren Kopf zu betrachten. Das bedeutet, dass man sich von den Emotionen der Überforderung löst und versucht, fokussiert einen Überblick über die Situation zu erlangen. Hier helfen solche Fragen wie „Was ist mein Ziel? Was möchte ich erreichen? Was sind die logischen Schritte?“. Es hilft, mit einem
System an diese Schritte heranzugehen und dabei folgende Fragen zu beantworten: „Welche Inhalte muss ich können? In welcher Reihenfolge muss ich die Inhalte beherrschen? Wann schaffe ich einen Ausgleich für mich selbst?“. Insgesamt kann man das Studium so viel eher als einen Job betrachten, den man systematisch und zielfokussiert bewältigen kann und von dem man sich bewusst einen Ausgleich, beispielsweise durch Hobbys, schafft.
Ein zweiter Schritt kann so aussehen, dass man reflektiert und bewertet, mit welchen Lerntechniken man am besten und effizientesten lernt. Oftmals kennen viele aus der Schule die Zusammenfassung als Lerntechnik. Das kann auch an der Uni gut funktionieren, jedoch machen viele über kurz oder lang die Erfahrung, dass bei Zusammenfassungen der Zeitfaktor zum Verhängnis wird. Daher können hier die Fragen helfen: „Wie kann ich meine Lerntechniken optimieren? Welche Lerntechniken sorgen dafür, dass ich in der gleichen Zeit schneller und effizienter lerne, um nicht unter Zeitdruck zu kommen?“
Als dritten Schritt würde ich empfehlen, auch an der eigenen mentalen Stärke und an einem positiven Mindset zu arbeiten. Besonders wichtig ist hier das Selbstvertrauen. Es gibt das Konzept der selbsterfüllenden Prophezeiung: Wer mit einer negativen und demotivierenden Einstellung an Ziele herantritt, passt sein Verhalten unterbewusst oft an, sodass dann genau das eintritt, was man befürchtet – obwohl man es sich im Bewusstsein anders vorgenommen hat. An dieser Stelle kann wiederum Selbstreflexion helfen, indem man sich selbst Fragen stellt, wie „Was habe ich bisher eigentlich alles schon geschafft? Was kann ich besonders gut? Wie kann ich mit Stresssituationen umgehen und diese meistern?“. Es ist also wichtig, sich selbst durch ein positives Mindset keine zusätzlichen Steine in den Weg zu legen – und sollten diese da sein, hilft es, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
UniDAZ: Was würdest du Studierenden raten, um die individuell passende Lernstrategie zu finden?
Kathi Moldan: Zielorientiertes und fokussiertes Arbeiten sind auch hier zentral. Als Ziel sollte die entsprechende Klausur vor Augen sein – dann hilft es, das Wissen in der Qualität zu lernen, wie man es auch in der Klausur abrufen muss. Das bedeutet, dass es für eine Multiple-Choice-Klausur eine andere Technik braucht als bei einer mündlichen Prüfung. Bei der Multiple-Choice-Klausur spielt vor allem der Wiedererkennungswert eine Rolle, bei der mündlichen Prüfung beispielsweise das Lösen von Anwendungsfällen. Optimalerweise ruft man das Wissen also beim Lernen in gleicher Form und Qualität ab, wie es in der Klausur nötig sein wird – hiervon hängt die passende Lerntechnik ab. Die mittlerweile veraltete Perspektive der „Lerntypen“ ist eher zweitrangig.
So, wie man gerne lernt, ist die Technik, die man bisher im Leben erlernt hat – was nicht die effektivste Lernmethode sein muss. Viel wichtiger ist es, sich fokussiert auf die Prüfung und die Prüfungsform vorzubereiten. Natürlich können persönliche Präferenzen (z. B. Apps vs. Karteikarten, Lerngruppen vs. alleine Lernen) berücksichtigt werden, jedoch sollten diese immer auf die anstehende Prüfung abgestimmt sein. Es ist also sinnvoll, sich verschiedene Lerntechniken anzuschauen und dann anhand der Zielsetzung zu entscheiden, ob diese individuell passend sind oder nicht.
Eine aktive Methode, die ich oft empfehle, ist die Feynman-Methode, bei der man die Lerninhalte jemandem erklärt, als wäre die Person fünf Jahre alt – so kann man schnell feststellen, wo es noch Lerndefizite und Wissenslücken gibt. Grundsätzlich möchte ich auch noch darauf hinweisen, dass man sich hinsichtlich der Lerntechniken nicht zu sehr unter Druck setzen sollte. Es ist nicht sinnvoll, von heute auf morgen die bekannten Strategien über Bord zu werfen, um alles besser zu machen. Oft ist es schon zielführend, in kleinen Schritten neue Lerntechniken zu integrieren und sich so auszuprobieren.
UniDAZ: Das Stichwort „Zeitmanagement“ spielt für viele Studierende eine große Rolle. Welche Tipps kannst du zum Thema Zeitmanagement geben?
Kathi Moldan: Eine sehr wichtige Komponente ist hier der Gesamtüberblick über die Aufgaben, die generell über das Semester verteilt anstehen. Wer genau weiß, bis wann welche Themen gekonnt werden müssen und wann für welche Prüfung die intensive Lernphase beginnt, kann für das gesamte Semester auch leichter abschätzen, wann Zeit für Ausgleich oder andere Aktivitäten ist, und sich so die Freizeit besser einteilen.
Hier helfen beispielsweise Etappenziele im Laufe des Semesters (z. B.: Bis wann möchte ich welches Fach nachgearbeitet haben?) oder Wochenpläne, in die die Aufgaben mit definierten Zeitbereichen eingetragen werden. Es konnte in zahlreichen Studien belegt werden, dass Menschen die Zeit eher effektiv nutzen, wenn sie sich ein bestimmtes Ziel in einer Zeiteinheit setzen. Deswegen hilft es, sich bewusst Zeitfenster im Sinne einer künstlichen Deadline zu setzen, in denen man gewisse Aufgaben erledigen oder Themen erschließen möchte.
UniDAZ: Nun noch eine Frage, die wahrscheinlich Studierende aus allen Semestern betrifft: Was hilft mir, auch nach dem Semesterstart motiviert zu bleiben?
Kathi Moldan: Besonders wichtig ist hier, sich darüber im Klaren zu sein, dass Motivation nichts ist, was aus dem Nichts plötzlich (wieder)kommt. Motivation kommt beim Tun, also durch die direkt wahrgenommene Wirkung meiner eigenen Handlung. Hieraus resultiert nicht nur Eigenverantwortung für mein Handeln (oder Nicht-Handeln), sondern auch Selbstwirksamkeit – das zentrale Stichwort beim Thema Motivation. Eine Strategie, die hier hilft, ist der Blick in die Zukunft: „Wie stelle ich mir mein Studium vor? Welche Ergebnisse möchte ich erreichen? Wofür möchte ich diese Ergebnisse erreichen?“. Am Beispiel Pharmazie könnten das beispielsweise solche Vorstellungen sein wie „Ich möchte eine eigene Apotheke eröffnen“ oder „Ich möchte in der pharmazeutischen
Forschung arbeiten, um kranken Menschen zu helfen“. Diese Visualisierungen haben für Menschen eine hohe emotionale Komponente, die dann natürlich motiviert.
Im zweiten Schritt muss jedoch auch immer die Eigeninitiative greifen, die dazu führt, dass man tatsächlich handelt, wenn auch nur in kleinen Schritten. Gerade im Studium ist es schwer, die Wirksamkeit des Lernens konkret zu überprüfen, da es außer den Klausuren am Semesterende kaum Zwischenschritte gibt. Methoden, um sich selbst ein motivierendes Feedback zu geben, sind beispielsweise Checklisten, kurze Reflexionen am Abend oder auch Journaling, um sich der Wirksamkeit des eigenen Handels und Lernens bewusst zu werden.
UniDAZ: Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.
Mehr Tipps von Kathi Moldan Mehr Lerntipps von Kathi Moldan findet ihr in ihrem Blog unter www.kathimoldan.de. Auch lohnt sich der Blick auf ihren Instagram-Account: @kathimoldan und das Reinhören in ihren Podcast „Study and Grow – Dein Podcast für ein erfolgreiches und glückliches Studium“. |