Essen mit Köpfchen

Eine gesunde Ernährungsweise ist eine Ernährungsweise, die nicht krank macht. Damit alle Organ­systeme perfekt funktionieren, müssen dem Körper Vitamine und Co. in ausreichender Menge zugefügt werden. Die kognitive Leistungsfähigkeit ist besonders anfällig, wenn bestimmte Nährstoffe fehlen. Um lange konzentriert arbeiten oder lernen zu können, ist eine abwechslungsreiche, gesunde Ernährung wie so oft das Beste. Es gibt aber bestimmte Lebensmittel und darin enthaltene Nährstoffe, die dem Hirn zu Höchstleistungen verhelfen können. Der Eins plus mit Sternchen in der nächsten Prüfung steht dann, zumindest körperlich, nichts mehr im Weg.

Das Gehirn eines Erwachsenen benötigt circa ein Fünftel der mit der Nahrung aufgenommenen Energie, um optimal zu funktionieren. Anders als die Muskeln kann unser Denkorgan keine Glucose in Form von Glykogen speichern. Menschen, die fasten oder durch eine Ernährungsumstellung (fast) keine Kohlenhydrate essen, klagen nach einem bis drei Tagen oft über Kopfschmerzen. Der Körper benötigt Zeit, um sich enzymatisch auf die Verbrennung des Fettgewebes einzustellen.

Snack-Attack: Bananenbrot mit Nüssen ist eine gute Brainfood-Zwischenmahlzeit. Wer nicht backen will oder kann, isst Banane und Nüsse einfach so. Foto: sab974 /AdobeStock
Die drei Säulen: Kohlenhydrate, Fette, Proteine

Für eine optimale Funktion des Gehirnstoffwechsels ist eine langanhaltende Zufuhr von Kohlenhydraten wichtig. Komplex verzweigte Polysaccharide werden im Körper schrittweise in Monosaccharide zerlegt. Dadurch wird über einen längeren Zeitraum kontinuierlich Glucose ins Blut abgegeben. Demgemäß werden Blutzuckerspitzen vermieden, die müde und unkonzentriert machen können. Eine gemäßigte, stabile Blutglucosekonzentration ist nicht nur zum Lernen optimal, sondern für den gesamten Stoffwechsel des Körpers.
In Vollkornbrot und Haferflocken sind nicht nur komplexe Kohlenhydrate enthalten, sondern auch B-Vitamine und Magnesium. Die B-Vitamine werden unter anderem zur Herstellung von Botenstoffen zur Nervenimpulsübertragung und zur Energiegewinnung aus Kohlenhydraten und Fetten benötigt. Vitamin B2 ist vor allem in Milchprodukten, Eiern, Fisch und Fleisch zu finden. Aber auch grüne Pflanzen (zum Beispiel Spinat, Brokkoli und Erbsen) sind gute Riboflavin-Quellen. Vitamin B12 (Cobalamin) ist ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthalten. Mittels biotechnologischer Prozesse können bestimmte Bakterien zur Cobalamin-Produktion gebracht und Nahrungsmittel damit angereichert werden. Thiamin (Vitamin B1) findet sich beispielsweise in Vollkorngetreide oder Nüssen. Dass Nüsse im klassischen Studentenfutter enthalten sind, liegt nicht nur am Thiamin, sondern auch an den langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Nüsse und das daraus gewonnene Öl können dazu beitragen, die Elastizität der Nervenzellmembranen zu erhalten. Außerdem sind ungesättigte Fettsäuren Teil der Myelinscheiden, die für die schnelle Übertragung von Nervenzellimpulsen wichtig sind.

Haferflocken, Früchte oder Beeren sowie Nüsse beinhalten Nährstoffe, die kognitive Leistungen unterstützen können. Außerdem halten die komplexen Kohlenhydrate in den Haferflocken lange satt. Foto: Martin Rettenberger/AdobeStock

Wir haben gelernt: Verzweigtkettige Kohlenhydrate und ungesättigte Fette sind Teil einer gesunden Ernährungsweise und sollten auch verzehrt werden, um sich gut konzentrieren zu können. Proteine sind unter anderem zur Herstellung von Neurotransmittern essenziell und sollten in ausreichender Menge gegessen werden (0,8 g pro kg Körpergewicht). Fisch und Hülsenfrüchte wie Linsen sind gute Proteinquellen [1].

Wenig, aber wichtig: Mikronährstoffe

Auch Mikronährstoffe sind für einen gesunden Gehirnstoffwechsel unabdingbar. Kalium aus zum Beispiel Bananen, Sojabohnen oder Aprikosen ist für die bio­elektrische Signalübertragung wesentlich. Auch Calcium wird für die neuronale Erregungsleitung benötigt und findet sich beispielsweise in Milchprodukten und Brokkoli. Eisen als Zentralatom des sauerstoffbindenden Hämoglobins sichert die O2-Versorgung des Gehirns und ist neben Fleisch in Hirse, Sesam und Leber enthalten. Magnesium hat eine gefäßerweiternde Wirkung und kann dadurch die Durchblutung des Denkorgans verbessern. Nüsse, Kürbiskerne und Milch enthalten diesen Mineralstoff (s. Tab.).

NahrungsbestandteilFunktionVorkommen in Lebensmitteln
KohlenhydrateGlucoselieferant für die EnergieversorgungVollkorngetreide, Obst (vor allem Äpfel),
Gemüse
Flüssigkeitunter anderem Kreislaufstabilisierung und NährstofftransportWasser, Mineralwasser, ungesüßte Kräuter-
und Früchtetees
Coffein,
in geringen Dosen
erweitert die Gefäße im Gehirn, erhöht
Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung
Kaffee, schwarzer und grüner Tee
EisenSauerstofftransport, Cofaktorrote Fleischsorten, Kürbiskerne, Sesam, Sojamehl, Hirse, Mohn, Pinienkerne, Weizenkeime, Hafer, Dill, Petersilie, Hefe, Haferflocken, Spinat, Brunnenkresse, Linsen, Sojabohnen,
weiße Bohnen
Calciumneuronale ErregungsleitungMilch und Milchprodukte, Mohn, Feigen, Sesam, Sojabohnen, Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkorn­getreide, Weizenkeime, Haferflocken, Brokkoli, Brunnenkresse, grünes Gemüse, Petersilie
MagnesiumCofaktor, bspw. bei der EnergiegewinnungGetreideprodukte, Nüsse, Trockenfrüchte,
Kürbiskerne
ZinkCofaktor für viele Enzyme, nachweislich
wichtig für Konzentration und Gedächtnis
Weizenkeime, Mohn, Sesam, Kürbiskerne, Fleisch, Eier, Milch, Käse, Fisch, Karotten,
Vollkornbrot, Kartoffeln
Phenylalanin/TyrosinAusgangssubstanz für Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin, die wichtig sind für Wachheit und KonzentrationFisch (Thunfisch, Forelle), Fleisch, Milch­produkte, Sojabohnen, Käse (Hüttenkäse), Erdnüsse, Weizenkeime, Mandeln
TryptophanAusgangssubstanz für Serotonin (wichtig
für Stimmung) und Melatonin (wichtig für Entspannung und Schlafbereitschaft)
Käse, Sojabohnen, ungesalzene Erdnüsse,
Cashewnüsse, Linsen, Ei, Fleisch, Fisch,
Haferflocken, Weizen, Natur- und Basmatireis
Serin, MethioninAusgangssubstanz für Acetylcholin, unentbehrlich für Lernen und GedächtnisbildungFisch, Putenfleisch, Hühnerfleisch, Sojabohnen, Rindfleisch, Cashewnüsse, Weizenkeime, Brokkoli, Erbsen, Spinat, Vollkornbrot, Reis
Lecithinenthält Cholin (Vorstufe von Acetylcholin), wichtig fürs Gedächtnis und zur MembranbildungEidotter, Hefe, Soja, Fleisch, Fisch
Vitamin B1 (Thiamin)Coenzym, NeurotransmitterstoffwechselVollkorngetreide (zum Beispiel Hafer, Dinkel), Haferflocken, Weizenkeime, Sonnenblumenkerne, Hülsenfrüchte, Nüsse, Schweinefleisch
Ungesättigte
Fettsäuren
Bestandteile der ZellmembranenFisch, Walnüsse, Spinat, Maiskeim-, Erdnuss-, Distel-, Soja- und Traubenkernöl
Omega-3-FettsäurenBestandteile der Zellmembranen,
entzündungshemmend
Fisch, insbesondere Kaltwasserfische
Tabelle: Powerstoffe fürs Gehirn (modifiziert nach [1])
Die gezeigten Nahrungsbestandteile sind aufgrund ihrer biochemischen Eigenschaften für den Nervenstoffwechsel relevant.
Die fett hervorgehobenen Lebensmittel können aufgrund ihrer Zusammensetzung als ideales Brainfood betrachtet werden.

Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin haben eine aktivierende und wach machende Wirkung. Ausgangsstoffe für diese Neurotransmitter und Hormone sind Phenylalanin und Tyrosin. In Tofu, Bohnen und Nüssen sind besonders hohe Gehalte dieser proteino­genen Aminosäuren zu finden. Für das Abspeichern und Abrufen von Gedächtnisdaten ist der Neurotransmitter Acetylcholin wichtig. Das Edukt Cholin kann der Körper zwar selbst synthetisieren, diese Ammoniumverbindung ist aber auch in Eiern, Kichererbsen oder Fleisch enthalten sowie die Cholin-Verbindung Lecithin in Hefe oder Soja.

Da hat das Mittagstief keine Chance: Vollkornbrote mit Thunfisch oder Avocado und Salat liefern lang anhaltend Energie. Die ungesättigten Fette halten Zellmembranen elastisch und funktionsfähig. Foto: a_kulikovskaya /AdobeStock

Stay hydrated!

Eine adäquate Flüssigkeitszufuhr ist für die Nährstoffversorgung des gesamten Körpers inklusive Gehirn unabdingbar. Durst setzt ein, wenn ein bis zwei Prozent des Körpergewichts an Wasser verloren gegangen sind. Dies kann bereits mit Kopfschmerzen und/oder verminderter Konzentrationsfähigkeit einhergehen. Daher sollten 1,5 bis 2 Liter Wasser oder ungesüßter Tee am Tag getrunken werden. Bei hohem Schweißverlust, zum Beispiel im Sommer, kann die doppelte Menge nötig sein.

Kau-girls und Kau-boys

Kauen allein kann bereits die Gedächtnisleistung fördern, da die Betätigung der Kaumuskulatur möglicherweise die Nährstoffversorgung bestimmter Hirnregionen fördert. Das Kauen eines zuckerfreien Kaugummis beim Lernen oder während Prüfungen könnte also durchaus förderlich sein.

Vitamine für den Abend: Angebratener Tofu, gedünsteter Brokkoli, Reis und Sesam liefern dir B-Vitamine und Calcium, die für die bioelektrische Signalübertragung der Nerven­bahnen essenziell sind. Und dazu schmeckt es auch noch. Foto: Katecat, asab974/AdobeStock

Stimulans Kaffee

Der Durchschnittsdeutsche trinkt zwei bis drei Tassen Kaffee am Tag. 200 ml des Heißgetränks beinhalten circa 100 mg Coffein, schwarzer Tee pro Tasse 50 mg. Allerdings wird das Coffein im Tee langsamer aufgenommen, und die Wirkung ist nicht so fulminant wie bei Kaffee, hält aber dafür länger an. Egal, ob das Coffein in Schokolade (15 mg pro 100 g), Tee oder Kaffee enthalten ist, die Bioverfügbarkeit liegt meist bei 90 bis 100%. Nach 15 bis 30 Minuten ist die höchste Plasmakonzentration und damit das Wirkungsmaximum erreicht. Der konzentrations- und leistungsfördernde Effekt hält nun vier bis sechs Stunden an. Bei lang anhaltendem Gebrauch kann es zur Toleranzentwicklung kommen. Mäßiger Kaffeekonsum von ein bis zwei Tassen am Tag und regelmäßige abstinente Tage können die Coffein-Sensibilität aufrechterhalten [1].

[1] Kiefer, I. Schlau geschlemmt. Gehirn und Geist, 5.Ausgabe 2007

Juliane Russ

Juliane Russ hat an der Universität Hohenheim Ernährungswissenschaften studiert. Mit dem Master in der Tasche fing sie im April 2022 ein Volontariat bei der Deutschen Apotheker Zeitung an.