Wie durch die richtige Haltung Sympathie und Kompetenz ausgestrahlt werden

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance – das gilt insbesondere für das Bewerbungsgespräch. Hier müssen Bewerber innerhalb kurzer Zeit überzeugen, dass sie die nötige Kompetenz für die ausgeschriebene Stelle mitbringen, ohne dabei arrogant zu wirken. Körpersprache-Experte Stefan Verra verrät Bewerbern die wichtigsten Tipps.
„Wir glauben, dass diejenigen, die das beste Wissen, die meiste Erfahrung haben, automatisch die Elite darstellen“, so Stefan Verra, internationaler Spezialist für Körpersprache. „Aber das ist ein Denkfehler. In Wahrheit jedoch urteilen wir mit den Augen.“ Unzählige Studien belegen, dass Menschen weit emotionaler entscheiden, als wir wahrhaben wollen. Und zwar anhand der Wirkung eines Menschen. Die Körpersprache entscheidet darüber, ob wir im Bewerbungsgespräch kompetent wirken und überzeugen, in der Masse untergehen oder arrogant oder unsicher rüberkommen. Glücklicherweise entscheidet kein einziges Körpersignal über Erfolg oder Misserfolg, denn es ist stets das Zusammenspiel. Dennoch genügen beispielsweise nur drei Veränderungen an Knie, Hüfte und Armen, um aus einer arroganten Körperhaltung eine inkompetente, unsicher wirkende Person zu machen.
Lächeln wirkt souverän
Worte vermitteln nur nackte Informationen. Die Körpersprache hingegen löst Emotionen beim Gegenüber aus, und zwar immer. Dynamik und Esprit zu versprühen ist wichtig in einem Bewerbungsgespräch. Dafür ist ein
entspanntes Lächeln entscheidend. Es erzeugt nicht nur Sympathien, sondern ist auch ein Hinweis auf einen niedrigen Cortisolspiegel. Damit wirken lächelnde Menschen souveräner.
„Körpersprachesignale sollten deutlich und klar ausgeführt werden. Sie dürfen Raum einnehmen.“ Beim Lachen gehören Lachfältchen um die Augen also unbedingt dazu. Das passiert immer dann, wenn die Wangenmuskeln zum Lächeln stark genug aktiviert werden. „Dann kommen die Lachfältchen automatisch – das Lächeln wirkt ehrlicher.“ Das kann gar nicht oft genug trainiert werden!
„Menschen sehen nur die Wirkung. Großer Ausdruck führt zu einer großen Wirkung“, so Verra. Das gilt
auch für das freundliche Zunicken. Das muss mit einer deutlich sichtbaren Auf- und Abbewegung gemacht
werden. Wer es nämlich nur kurz andeutet, erzeugt damit die gegenteilige Wirkung: Arroganz. Ein klares Nicken signalisiert hingegen: „Ich nehme dich wahr.“ Auch während des Gesprächs ist ein zustimmendes Nicken ideal, um aufmerksames Zuhören zu zeigen und Relevanz zu erzeugen.
Souverän stehen: nicht steif, sondern sichtbar
Im Stehen empfiehlt Verra, nicht steif in einer Körperhaltung zu verharren, sondern zwischen einer formell wirkenden symmetrischen Körperhaltung und der saloppen asymmetrischen Körperhaltung zu wechseln. Erst durch diesen Wechsel erkennt das Gegenüber den Unterschied zwischen wichtigen und weniger wichtigen Aussagen. Von der starren „Präsentations-Haltung“ rät er explizit ab. Wer sich nämlich breitbeinig hinstellt, in der Meinung, damit besonders stabil rüber zu kommen, wirkt eher distanzierend. Ein hüftbreiter Stand, bei dem die Füße leicht nach außen zeigen, reicht völlig. Um Vertrauen zu erzeugen, sollte man auf Sichtbarkeit von Augen, Mund und Händen achten. Aus diesen Körperteilen zieht das Gegenüber besonders viele Rückschlüsse. Sind sie verdeckt, entsteht Skepsis.
„Menschen sehen nur die Wirkung. Großer Ausdruck führt zu einer großen Wirkung.“ – Stefan Verra
Dynamik vs. Stabilität
Flinke Signale nach oben wirken dynamisch. Ein schnelles Heben der Mundwinkel, Augenbrauen und Gesten vermittelt Esprit. Bei der Begrüßung, in lockeren Gesprächsphasen wichtig! Gesten, die langsam nach unten gehen, vermitteln hingegen Stabilität. Das braucht es um dem Gegenüber zu vermitteln: „Auf mich können Sie sich verlassen.“
Authentizität
„Das ist ja alles Schauspielerei“, nennt Verra als oft gehörten Einwand. Er klärt auf, dass die Körpersprache aus zwei Elementen besteht. Zum einen ist da das angeborene Temperament. Lebendige, temperamentvolle Menschen sollten das auch zeigen. Und ruhige, zurückhaltende Menschen dürfen nie vergessen, wie attraktiv diese Ruhe ihres Temperaments ist. Schließlich könne man „damit 16 Jahre deutsche Kanzlerin sein“, so Verra humorvoll. Als Persönlichkeit wirke man nur dann stark, wenn man sich entsprechend seinem Temperament bewegt.
Andererseits stellt das zweite Element der Körpersprache angewöhnte Routinen dar – und die gilt es zu hinterfragen! Wer sich also im ersten Moment unwohl fühlt, wenn er etwas Neues ausprobiert, bemerkt nur, dass er seine Gewohnheiten durchbricht. Da heißt es einfach: So lange dranbleiben, bis sich das neue Verhalten selbstverständlich anfühlt. Konkret nennt Verra das Lächeln: Wer bisher mit einem „resting bitch face“ durch den Alltag ging, für den fühlt sich lächeln natürlich erstmal „unauthentisch“ an. Und doch wird auch dieser Mensch weit bessere Ergebnisse mit einem freundlichen Gesicht erzielen.
Kleidung
Kleidung kann eine Wirkung nur verstärken, nie ersetzen. Deswegen muss sie abgestimmt sein. Auch wenn man sich in hohen Absätzen gut fühlt, können laute, klackernde Schuhe einen Eindruck erwecken, der dem Moment abträglich ist. Soll die Weiblichkeit oder die „Anpackkraft“ betont werden? Frauen gibt Verra explizit den Tipp, sich im Geschäftsleben nicht nur zu fragen, in welcher Kleidung sie sich wohlfühlen, sondern auch, welche Wirkung sich das Gegenüber erwartet.
Digitalen Termin gut vorbereiten
Heutzutage finden einige Bewerbungsgespräche als Videocall statt. Hier empfiehlt der Experte, auf einen Hintergrund zu achten, der aufgeräumt und professionell wirkt. Dunkel wirkt dabei besser als eine weiße Wand. „Positionieren Sie die Kamera so weit weg, dass Sie von Kopf bis Gürtellinie sichtbar sind. Damit wirken Sie überzeugender.“ Ein weiterer Tipp ist es, statt auf den Bildschirm gezielt in die Kamera zu gucken. So kann der Bewerber Blickkontakt herstellen und hinterlässt direkt einen besseren Eindruck. „Bewegungen werden am besten prononciert mit großer Amplitude und niedriger Frequenz ausgeführt.“ Er empfiehlt also große und langsame Gesten. Insgesamt gilt vor der Kamera aber das Gleiche wie im realen Leben: Sympathisch und kompetent sein. Das ist vor allem auch eine Sache der Körpersprache.
Mehr zu Stefan Verra Der Körpersprache-Experte Stefan Verra aus Österreich begeistert mit seinen Vorträgen, Seminaren und Shows jährlich Zehntausende Teilnehmer von Europa über die USA bis China. Mehr über ihn kann man auf seiner Webseite nachlesen unter www.stefanverra.com. Dort finden sich auch die Termine zu seiner deutschlandweiten Tour „Vom Du zum SuperDu“. Außerdem lohnt sich der Blick auf seinen Instagram-Account: @stefanverra |