So verdienst du, was du verdienst
Nach dem Pharmaziestudium hast du gute Chancen, über dem von der Apothekengewerkschaft durchgesetzten Tarifvertrag bezahlt zu werden. Neben der Apotheke steht die pharmazeutische Industrie im Ruf, ein Garant für ein dickes Gehalt zu sein. Doch bei deiner ersten Gehaltsverhandlung solltest du einiges beachten. Also: Let’s talk about money!
Wie mag wohl eine Gehaltsverhandlung aussehen? Studierende, die jahrelang an allen Ecken sparen mussten, erinnern sich, was ihnen Netflix, Hollywood und Co. über solche Verhandlungen gelehrt haben:
„Zwei Personen in dunklen Trenchcoats sitzen in einem engen Verhörzimmer und rauchen. Das einzige Licht spendet eine Schreibtisch-Lampe aus den 1950er-Jahren, die wie ein Geheimnis zwischen den beiden steht. Die kalten Neonstrahlen der Lampe kämpfen sich durch den dichten blauen Zigaretten-Dunst. Eine der Personen schreibt mit einem Kugelschreiber eine Zahl mit vielen Nullen auf eine Serviette. Behutsam schiebt sie die Serviette verdeckt zur anderen rauchenden Person, ohne ein Wort zu sagen. Die andere Person lüftet das Geheimnis, blickt erst Scharf auf die lange Zahl, dann umso schärfer in die Augen des geblendeten Gegenübers. Zwei große Koffer schiebt er unter den Tisch, bis sie an die Beine des anderen stoßen.“
Die Realität sieht anders aus: Bei einigen Stellenanzeigen wirst du aufgefordert, deine Gehaltsvorstellung anzugeben. Ist dies nicht der Fall, wird die Entlohnung Thema bei deinem letzten Vorstellungsgespräch sein. Vorher solltest du wissen, welches Gehalt du verlangen kannst, welche Argumente zählen und welche Optionen du hast. Das ist zwar weniger spektakulär als in Hollywood. Dafür hast du gute Chancen, am Ende das Gehalt zu bekommen, das dir vorschwebt.
Apotheker:innen haben gute Karten
Besonders in der öffentlichen Apotheke hast du gute Karten: „Ins erste Vorstellungsgespräch solltest du mit einer konkreten Gehaltsvorstellung gehen“, sagt Minou Hansen. Sie leitet die Rechtsberatung bei der Apothekengewerkschaft ADEXA und ist von der Industrie und Handelskammer (IHK) zertifizierter Businesscoach.
„Aufgrund des Fachkräftemangels kann man bundesweit erwarten, als Berufseinsteigerin in der öffentlichen Apotheke übertariflich bezahlt zu werden. Eine Ausnahme könnten Unistädte sein, wo das Angebot an Berufsnachwuchs überdurchschnittlich hoch ist“, so Hansen.
Nach dem aktuellen Tarif bekommen frisch approbierte Apotheker im ersten Berufsjahr 42.984 Euro (brutto). Der Tarifvertrag gilt bundesweit bis auf die Bundesländer Nordrhein und Sachsen. In der folgenden Tabelle geben wir dir einen Überblick:
Gehälter für approbierte Apotheker | Monatsgehalt (Brutto) | Notdienst-Zulage (18:30 bis 22:00 Uhr) | Notdienst-Zulage (22:00 bis 8:00 Uhr) | Wochenend-Zulage |
Im ersten Berufsjahr | 3.582 Euro | 72 Euro | 85 Euro | 217 Euro |
Im zweiten bis fünften Berufsjahr | 3.696 Euro | 75 Euro | 85 Euro | 224 Euro |
Im sechsten bis zehnten Berufsjahr | 3.971 Euro | 80 Euro | 85 Euro | 241 Euro |
Ab dem elften Berufsjahr | 4.343 Euro | 88 Euro | 85 Euro | 264 Euro |
Über den Erwartungen verhandeln
Kluge Verhandler:innen sollen die Gehaltsforderung etwas höher ansetzen, als sie tatsächlich einsteigen würden. Wer anpeilt, zum Berufsstart 10 Prozent über dem Tarif bezahlt zu werden, hat noch Verhandlungsspielraum, wenn er mit einer Forderung von 15 Prozent über dem Tarif ansetzt.
Zudem empfiehlt Hansen: „Es kann sich lohnen, vorher den Notdienstkalender einzusehen. Wenn eine Apotheke viele Dienste leisten muss, kann es günstiger sein, den übertariflichen Gehaltsanteil zu reduzieren und sich stattdessen den Bereitschaftsdienst separat vergüten zu lassen.“
Je nach persönlichen Wünschen könnest du statt einer übertariflichen Bezahlung auch ein oder zwei Urlaubstage zusätzlich oder eine Reduzierung der Arbeitszeit um so und so viele Stunden bei vollem Tarifgehalt aushandeln. „Attraktiv kann es auch sein, feste freie Tage, idealerweise im Anschluss an ein Wochenende, zu vereinbaren. Hier lohnt es sich, kreativ zu werden“, ermutigt Businesscoach Hansen.
Steckt in Big Pharma das große Geld?
Viele Pharmaziestudierende kommt der Satz bekannt vor: „Geht doch in die Pharmaindustrie, da gibt es richtig Asche.“ An diesem Ausspruch mag etwas dran sein – denn mehr als in der öffentlichen Apotheke verdienst du allemal.
Laut dem „StepStone Gehaltsreport 2020/2021“ verdienen Berufseinsteiger nach dem Studium in der pharmazeutischen Industrie durchschnittlich 49.794 Euro (brutto) pro Jahr. Pro Monat entspräche das rund 4.152 Euro. Die Pharmaindustrie zählt damit zu den fünf Branchen, die die höchsten Einstiegsgehälter zahlen.
Auch beeinflusst die Größe des Unternehmens die Zahl, die am Ende des Monats auf deinem Lohnzettel steht. Großkonzerne mit mehr als 10.000 Angestellten können etwa 26 Prozent mehr Lohn zahlen als kleine Unternehmen mit bis zu zehn angestellten.
Auch möglich: Profis für dich verhandeln lassen
Viele Bewerber verhandeln heute nicht mehr selbst mit dem Arbeitgeber. Zudem arbeiten viele große Unternehmen mit Personaldienstleistern zusammen, um neue Mitarbeiter für offene Stellen oder Sonderprojekte zu rekrutieren.
Über Personaldienstleister (auch als Zeitarbeitsfirmen bekannt) kommen manche Bewerber erstmals in Kontakt mit Pharmafirmen. Sie schließen einen Arbeitsvertrag mit den Zeitarbeitsfirmen, arbeiten aber beim Unternehmen vor Ort. Was genau sie verdienen, besprechen sie im Bewerbungsprozess mit der Personaldienstleister-Firma.
Wir sprechen mit Constanze Kamphausen. Kamphausen vermittelt für die Personaldienstleister-Firma Gulp Bewerber aus den Lebenswissenschaften an die pharmazeutische Industrie. „Wenn sich Leute über uns bewerben, frage ich immer: Was willst du eigentlich genau verdienen?“ Mit den Gehaltsvorstellungen der Bewerber verhandelt sie anschließend mit den Arbeitgebern der Pharmafirmen.
Mit welcher Summe Bewerber rechnen können, hängt vom Unternehmen ab. Einige Firmen bezahlen nach dem Tarifvertrag der chemischen Industrie. Andere Firmen orientieren sich an einem hauseigenen Tarif. Auch gibt ein einen eigenen Tarif für diejenigen, die bei Personaldienstleistern beschäftigt sind. Die Verträge richten sich nach der Qualifikation. Approbierte Apotheker:innen werden meist in die höchste Lohnstufe eingeteilt. Demnach erhalten sie 22,79 Euro pro Stunde.
„Aber in der Regel werden unsere Bewerber außertariflich bezahlt. Sie erhalten mehr Lohn, als im Tarifvertrag vorgesehen ist“, so Kamphausen. Ihr Tipp: „Niemand sollte sich unterm Wert verkaufen.“ Einige ihrer Bewerber kämen aus der Apotheke und legten mehr Wert auf die neue Erfahrung in der Industrie – und nicht auf das hohe Gehalt. „Diese Leute muss ich meist selbst ermuntern, das Geld einzufordern, das ihnen zusteht.“
Personaldienstleister werden auf dich aufmerksam, wenn du ein Profil auf Job-Plattformen wie Xing oder LinkedIn pflegst. Klick auf diesen UniDAZ-Artikel, um zu erfahren, was du über die Rolle von Social Networks für deine Karriere wissen solltest.
Fazit: Sei dir bewusst, was dir wichtig ist!
Du hast es oben im Text schon erahnt: Wer aus der Gehaltsverhandlung als Gewinner herausgehen möchte, braucht nicht das beste Poker-Face. Wenn du dich nicht unter deinem Wert verkaufen willst, musst du wissen, welche Gehälter in deiner Branche üblich sind. Du musst wissen, was genau du verdienen magst, wie viel Urlaub du brauchst und welche Argumente du in die Verhandlung einbringen magst. Doch wie du siehst: Verhandeln ist kein Hexenwerk.