Mainzer Pharmakologen und Pharmazeuten stellen Lernhilfe auf die Beine
Die ersten paar Tage als Pharmazeut:in im Praktikum in der öffentlichen Apotheke sind hart. Was du im zweiten Staatsexamen deinen Prüfern detailliert erklären konntest, nützt dir in der Praxis zu Beginn recht wenig: Wortlos legen dir Patienten Rezepte für Arzneimittel vor die Nase, auf der dir meist unbekannte Handelsnamen von Medikamenten abgedruckt sind. Die Rezepte stellen dich nicht nur vor pharmazeutisch-fachliche Herausforderungen, sondern auch vor bürokratisch anmutende Vorschriften. Mit „Wie rezeptiere ich richtig?“ kannst du es üben.
Bei den Rezepten sind viele formelle Details zu beachten. Geht dir ein Punkt durch die Lappen, besteht die Gefahr, dass die Krankenkasse des Patienten mit dem fehlerhaften Rezept vom Chef oder der Chefin deiner Praktikumsapotheke das Geld für das verordnete Arzneimittel verlangt. Das kann teuer für Apotheker:innen werden, und damit unangenehm für dich.
Nur nicht den Kopf hängen lassen, denn Übung macht den Meister! Eine gute Hilfe haben die Mitarbeiter:innen des Instituts für Pharmakologie um Professor Dr. Leszek Wojnowski zusammen mit der Krankenhausapotheke der Universitätsmedizin Mainz und der Krankenhausapotheke der Diakonie in Bad Kreuznach entwickelt. Auf der Website der Universität Mainz können angehende Apotheker:innen und Ärzt:innen unter „Wie rezeptiere ich richtig?“ ihre Rezept-Skills aufpolieren. Einerseits ist hier die Theorie für das Verordnungsblatt zusammengestellt, andererseits kannst du mit dem Rezeptfehler-Trainer anhand 61 fehlerhafter Rezepte dein Können unter Beweis stellen. Das Angebot kann jeder, auch außerhalb der Universität Mainz gratis nutzen.
Und wenn das E-Rezept kommt?
Aber warum müssen wir uns eigentlich noch mit formellen Fehlern auf Papierrezepten auseinandersetzen? Zu Beginn des Jahres 2022 müssen Ärzte Rezepte für Arzneimittel in elektronischer Form, also E-Rezepte ausstellen. Wozu dann noch ein Rezeptfehler-Trainer? Diese Frage hat die UniDAZ-Redaktion Prof. Wojnowksi gestellt. Er erwartet, dass die elektronische Verschreibung in den nächsten zwei Jahren viele der Fehler eliminieren wird, die der Rezeptfehler-Trainer behandelt. Doch Rezepte für Betäubungsmittel oder fruchtschädigende Arzneimittel dürfen bis mindestens Ende 2022 weiterhin in Papierform verordnet werden.
Und danach? „Wir werden schrittweise den Fokus von formellen auf medizinisch-pharmazeutische Fehler verschieben“, sagt Wojnowksi. „Die Auswahl der Wirkstoffe für eine bestimmte Indikation, die Darreichungsform, nicht berücksichtige Patienten-Faktoren wie Alter, Geschlecht etc. – das alles bietet Raum für mögliche Fehler. Ich glaube nicht, dass wir in absehbarer Zeit obsolet werden.“ Wie genau das Team von Wojnowski seinen Rezeptfehler-Trainer aktualisieren wird, hängt davon ab, welchen Effekt das E-Rezept auf die Verordnungen von Ärztinnen und Ärzten haben wird. Um diese im Blick zu behalten, arbeiten der Pharmakologe und sein Team mit mehreren Apotheken zusammen.