Vom Blended Learning, Softwares und der eierlegenden Wollmilchsau
Wer seit Längerem studiert, kann ein Lied davon singen, „Erstis“ kennen es wahrscheinlich aus der Schule: Theoretisch steckt in der digitalen Lehre ein enormes Potenzial, doch praktisch ist sie oft unerträglich ermüdend und die Umsetzung hapert. Die UniDAZ zeigt, wie es besser laufen könnte.
Der BPhD stellte zur 130. Bundesverbandstagung im Mai 2021 eigens eine Podiumsdiskussion zur digitalen Lehre auf die Beine. Dabei erläuterte Dr. Bernd Romeike, wie Dozierende das Potenzial der digitalen Lehre voll ausschöpfen können. Romeike ist Medizindidaktiker und Neuropathologe vom Ausschuss für Digitalisierung der Gesellschaft für medizinische Ausbildung.
Er strebt das sogenannte Blended Learning-Konzept an: Hierbei könnten Studierende mit digitalen Übungsaufgaben im Vorfeld auf den gleichen Wissensstand gebracht werden. Ein anschließender interaktiver Präsenzunterricht wäre um ein Vielfaches fruchtbarer als ohne Vorbereitung. Werden im Anschluss zudem digitale Aufgaben bearbeitet, hätte sich eine Thematik anhand drei unterschiedlicher Wege ins Gehirn der Studierenden eingebrannt.
Aktuell ist Präsenzunterricht jedoch nicht möglich. Eine Zuschauer-Umfrage während der Diskussion offenbarte: Der direkte Austausch mit Kommilitonen fehlt den Studierenden am meisten. Romeike räumt ein, dass die digitalen Angebote dies nicht vollständig kompensieren können. Jedoch können Dozierende den Austausch mit digitalen Werkzeugen fördern. Sie können die Arbeit in Kleingruppen – mit bestenfalls acht Studierenden – ermöglichen, beispielsweise über Breakout-Räume der Software Zoom.
Studierende vernetzen, motivieren und Erfolge messen
Für einen direkteren Austausch können sie Seminarteilnehmer ermutigen, ihre Videokameras einzuschalten. Außerdem können Dozierende während Online-Vorlesungen den Chat aktivieren oder anregen, dass das Auditorium in Gruppen simultan Dokumente erarbeitet, beispielsweise über Google Docs. Ein weiteres Konzept wäre, dass Studierende selbst die Lernmethode wählen, die für sie am vielversprechendsten klingt. Kleingruppen könnten z. B. Podcasts, Poster oder Videos erstellen. Ein guter Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden zu speziellen Methoden ist ein Gewinn für alle in eurem und in kommenden Semestern.
Der Medizindidaktiker hofft, dass nach der Pandemie ein Übergang von der provisorischen Fernlehre zur echten digitalen Lehre gelingt. Die Digitalisierung müsse genutzt werden, um Studierende mit verschiedenen Lerngeschwindigkeiten auf denselben Stand zu bringen. Im Anschluss könnte dies mithilfe von Analyseprogrammen digital überprüft werden. Dies hebt nicht nur das Niveau der Präsenz-Lehrveranstaltungen.
Lehrende wüssten, welchen High-Performern sie Promotionsstellen anbieten können und welche Studierende eine intensivere Unterstützung benötigen. Digitale Echtzeit-Lernerfolgskontrollen werden eines Tages große Abschlussklausuren überflüssig machen, versichert Romeike. Er selbst forscht daran, evidenzbasierte Daten zu diesen Analyseprogrammen zu liefern. „Jeder Pharmazeut oder Mediziner hat durch sein Abitur bewiesen, dass er schlau genug für sein Studium ist. Gleichzeitig sind die Studiengänge sehr teuer. Wir müssen alle Studierenden, die ein hohes Risiko für einen Studienabbruch tragen, einfangen und fördern.“
Noch sind diese Überlegungen Zukunftsmusik. Romeike kritisiert, dass wir in Deutschland vom Kindergarten bis zu den Universitäten eines der teuersten und zugleich ineffektivsten Bildungssysteme besitzen. „Schon heute könnten wir die Abbruchraten reduzieren und würden als ganze Gesellschaft profitieren.“
Software für das Pharmaziestudium
Für Pharma-Erstis bis zu den Veteranen ist die App Pharmanavi die eierlegende Wollmilchsau. In ihr findest du unendlich viele Übungsfragen mit Erklärungen zu den Antworten. Du kannst die App als Laborjournal nutzen und als Austauschplattform mit Kommiliton:innen aus ganz Deutschland.
Neben Pharmanavi gibt es für Pharmazeut:innen im Praktikum etwa den Rezeptfehler-Trainer, den Pharmakologen in Mainz entwickelt haben. Mit dem Programm „Wie rezeptiere ich richtig“ könnt ihr kostenlos üben, mit Verschreibungen in der Apotheke umzugehen. Wie am Beispiel des Rezeptfehler-Trainers entwickeln Fakultäten oder Studierende kleine Softwares. Oft dringen die Lösungen, die Studierende in ganz Deutschland brauchen könnten, nicht durch die Mauern der einzelnen Fakultäten. Habt ihr an eurer Uni auch Programme, die bekannt sein sollten? Dann schreibt uns auf Instagram oder schickt eine Mail an redaktion@unidaz.de.